Dienstag, 15. März 2011

Doch mein Land



Das Bild, das Freunde aufgenommen haben, zeigt einen Mann, der während der Proteste auf dem Tahrir-Platz unter einem großen Plakat auf dem Boden liegt: „Ich habe einen Pass, um zu gehen“, steht darauf. „Aber jetzt bleibe ich hier.“

Er ist nicht der einzige: Viele der jungen Leute, die an der Revolution beteiligt waren, erzählen, dass sie längst geplant hatten, nach Frankreich, Deutschland, in die USA zu gehen, weil sie in ihrem Land keine Perspektive sahen. Auch Karim, 21, der Erdöl-Ingenieurwesen studiert. "Ein Semester noch, dann bin ich fertig", sagt er. "Dann wollte ich in die USA oder, falls das nicht klappt, in einen der Golfstaaten gehen." Dann hat er wochenlang auf dem Tahrir-Platz gegen das Regime gekämpft, die Revolution mitbekommen. Und will bleiben, wie viele andere auch. Zumindest für den Moment haben sie alle Hoffnung, dass sich dauerhaft etwas ändern kann, die Erstarrung, die Polizeiwillkür, die Korruption ein Ende finden wird. "Ich habe schon von vielen gehört, die zurückkkommen wollen nach Ägypten", sagt Hamid, ein Mitglied der Jugendbewegung "Youth for social justice and freedom". Oder die schon zurückgekommen sind.

„Das ist jetzt mein Land“, ist häufig und voller Stolz zu hören. Vor der Revolution war die ägyptische Flagge, so wird uns erzählt, kaum irgendwo zu sehen. Jetzt könnte man denken, Ägypten hätte gerade die Fußballweltmeisterschaft gewonnen: Die drei Farben der Flagge – weiß, schwarz, rot – sind an Mauern, Bäume und Kinderwangen gemalt, an den Freitagen tragen viele Menschen bunte Bänder um die Kopf, schwenken hingebungsvoll die Fahne oder hängen sie in Übergröße aus den Fenstern. Auf einer besonders großen Fahne, die in einer der zentralen Straßen nahe des Tahrir-Platzes hängt, steht gemalt: "Danke an die Jugend Ägyptens! Gratulation für was ihr getan habt!"

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