Mittwoch, 27. April 2011

Zensur II

Für viele Journalisten in Ägypten ist nach der neuesten Zensurverordnung jetzt wieder bitterer "Alltag" angesagt: der Alltag von vor der Revolution, die rote Linie der Zensur durch stetige Arbeit permanent zu verschieben oder zumindest an ihrem Platz zu halten...

Zumindest in der englischen Version der unabhängigen Tageszeitung Al-Masr Al-Youm sind in den letzten Tagen einige kritische Artikel zum Verhalten der Armee erschienen, unter anderem zum Ägyptischen Museum, das sich nach dem 9. März vom Kulturort zur "Folterkammer" gewandelt hat.

Ein Artikel von Dienstag beleuchtet kritisch das Verhalten der Armee, Journalisten der Zeitung haben unter anderem mit im Tora-Gefängnis inhaftierten Häftlingen telefoniert. Demnach sind von den über 200 am 9. März festgenommenen Protestierenden noch mindestens 40 inhaftiert, viele von ihnen wurden zu mehrjährigen Haftstrafen verurteilt. Das Vorgehen der Armee, legen Aussagen von Betroffenen und Äußerungen von Armeeangehörigen nahe, deutet dem Artikel zufolge darauf hin, dass es sich bei den Festnahmen NICHT um willkürliche Aktionen handelte, sondern gezielt Aktivisten festgenommen wurden, die von Informanden zuvor benannt wurden.

Beide Artikel sind nur in der englischen Internet-Ausgabe der Zeitung erschienen.

Dienstag, 26. April 2011

Freiheit für alle? LGBT und die Revolution

Hat die Revolution auch bisher diskriminierten Minderheiten wie Lesben, Schwulen, Bisexuellen, Transsexuellen und Transgendern zu mehr Freiheiten verholfen? Wie lebt es sich als Homosexueller in Ägypten?

Ein Interview zum Thema in der Jungle World...

Zensur


Die Medien nach der Revolution, frei wie nie - das ist leider, schon wieder Geschichte.

Vergangene Woche hat das ägyptische Militär eine Zensurverordnung erlassen - die Medien werden darin aufgefordert, jede Berichterstattung über die Armee von dieser vorher genehmigen zu lassen, die Verordnung (samt englischer Übersetzung) kann man sich im Netz anschauen.

Meldung und Kommentare dazu auch auf dem Blog von arabist.

Dies passt zur aktuellen Strategie des Militärs, zum einen für durch öffentlichkeitswirksame Aktionen für ein gutes Image zu sorgen, zum anderen kritische Berichterstattung radikal zu unterbinden - siehe die Verurteilung von Maikel Nabil Sanad zu drei Jahren Haft wegen eines armee-kritischen Blogartikels.

Montag, 25. April 2011

Mubarak verhaftet - und weiterhin in Haft

Die ägyptische Staatsanwaltschaft hat die Untersuchungs-Haft von Ex-Präsident Mubarak um weitere 15 Tage verlängert. Zudem gibt es erneut Meldungen wonach der 82-jährige von seinem derzeitigen Aufenthaltsort, einem Krankenhaus in Sharm el-Sheik, in ein Militärkrankenhaus nach Kairo gebracht werden soll - und anschließend eventuell ins Tora-Gefängnis im Süden Kairos, wo zahlreiche politische Gefangene sitzen, unter anderem Mubaraks zwei Söhne Alaa und Gamal sowie der ehemalige Innenminister Habib el-Adly.

8. April - Die größte Demonstration seit der Revolution, unter anderem für die Aufarbeitung der Verbrechen des alten Regimes, hat das Militär unter Druck gesetzt: Wenige Tage später wurden Mubarak und seine zwei Söhne festgenommen. Foto: Gaby Osman

Die Staatsanwaltschaft hatte Mubarak und seine beiden Söhne vergangene Woche verhaftet, nachdem es am Freitag zuvor erneut zu massiven Protesten auf dem Tahrir-Platz gekommen war. Artikel über die Verhaftung vom Korrespondenten der taz und im Neuen Deutschland (1, 2).

PR-Offensive

Das Militär fährt in Ägypten eine Doppelstrategie: harte Repression (s. Post u.a. zu Imbaba und dem Angriff auf den Tahrir-Platz am 9. April) und Kontrolle der Medien auf der einen Seite. Auf der anderen Seite eine durchaus erfolgreiche Offensive zur Image-Verbesserung.

Dazu gehört unter anderem die Idee, an Ostern an öffentlichen Plätzen mit Militärkapellen aufzuspielen und Geschenke zu verteilen.

Fröhliche Ostern wünscht die Army... Quelle: AlMasr AlYoum, 25.4.2011
Oder die Aktion, bei der vergangene Woche hunderte Menschen in Zivil den ziemlich zertretenen Tahrir-Platz mit Blumen und Gras bepflanzten - eine Aktion, die ordentlich für Verwirrung sorgte, glaubten doch zahlreiche Zuschauer (mich eingerechnet) dass es sich um eine Aktion der Protestierenden handelte, Militär war, abgesehen von einem einzigen Offizier, nicht anwesend. Wie sich später herausstellte: Die Aktion wurde von der Armee durchgeführt - deutlich auch an den Plakaten, die später den verschönerten Platz zierten und dazu aufforderten, dass Volk und Armee sich von "revolutionsfeindlichen Kräften nicht spalten lassen sollten...

 Vorher...













                   ...nachher

Zahlen und Fakten: Keine unblutige Revolution...

Eine Kommission, die das Militär eingesetzt hat, um die Ereignisse während der Revolution aufzuklären, hat am Dienstag ihren Abschlussbericht veröffentlicht.

Demnach starben während der Revolution vom 25. Januar bis 11. Februar mindestens 846 Menschen, davon 26 Polizisten, der Rest Zivilisten.

Mindestens 6400 wurden verletzt, viele davon tragen dauerhafte Schäden davon, haben etwa ihr Augenlicht verloren.

Thug life

Seit der ägyptischen Revolution sind sie immer wieder auch in interntionalen Medien aufgetaucht, die thugs, arabisch baltagiyya, übersetzt in etwa so etwas wie "Verbrecher", "Gauner", "Halunken". Unter Mubaraks Regime waren die bezahlten Schlägertrupps eine wichtige Stütze des Systems, Politiker und Geschäftsmänner hatten feste Kontakte in die Szene von Gangs oder einfach zu Leuten, die bereit waren für einen geringen Lohn dreckige Aufgaben zu übernehmen: Wahlen fälschen, Geld erpressen, Leute einschüchtern, verprügeln, umbringen.

Was man sich unter thugs vorzustellen hat, wer sie sind und wie sie agieren, lässt sich eindrucksvoll einem Artikel der Tageszeitung Al-Masr Al-Youm entnehmen, in dem ein Journalist anonym zwei thugs über ihr Leben und ihre Rolle während der Revolution erzählen lässt: Thuglife, Al-Masr Al-Youm

Auch während der Revolution griffen thugs die Protestierenden auf dem Platz und in den Straßen häufig an - inwieweit sie sich mit Unterstützern des alten Regimes mischten, ist schwer zu sagen, Tatsache ist das ein Großteil von ihnen von Leuten der alten Staatspartei NDP bezahlt war. Am 2. Februar, dem Tag der camel battle, griffen Hunderte mit Messern, Stöcken und Schusswaffen die Protestierenden an und versuchten sie vom Platz zu vertreiben - der Angriff, der zahlreichen Menschen das Leben kostete, ist einer der Gründe, weswegen die Staatsanwaltschaft Mubarak angeklagt hat.

 Video, das (nach anfänglichen Konzertszene) den Angriff auf den Platz am 2. Februar zeigt


Aber auch seit der Revolution sind die thugs wiederholt in Erscheinung getreten. Zum einen auf der legalen Ebene: Die Armee hat Ende März ein Gesetz gegen thugs verabschiedet, das offiziell gegen die Schlägerbanden gerichtet ist, jedoch eine fast endlose Liste von Vergehen umfasst, von Diebstahl über Herumlungern bis hin zu Mord und diese mit harten Strafen (bis zur Todesstrafe) bestraft. Effektiv wurde das Gesetz auch gegen zahlreiche Protestierende angewandt, u.a. auch gegen Leute, die vor der Verfassungsabstimmung Werbung für ein "Nein" machten.

Zugleich scheint sich auch das jetzt herrschende Militär der alten Verbindungen zu schlecht bezahlten und skrupellosen Schlägertrupps zunutze zu machen und agierte in mehreren Situationen koordiniert mit diesen: Etwa bei der Räumung des Tahrir-Platzes am 9. März oder bei der Stürmung einer militärkritischen Veranstaltung in Imbaba vergangene Woche.

Dienstag, 12. April 2011

Ein neuer Schlag gegen die Protestbeweung

Heute wurde das neue Protestcamp auf dem Tahrir von Militärkräften geräumt. Es fanden erneut Verhaftung statt, nicht nur auf dem Platz selbst, sondern auch in den Straßen im ganzen Viertel. Jeder der nur annähernd so aussieht als könnte er zu den Protestierenden gehören läuft Gefahr verhaftet zu werden. Bis jetzt liegen noch keine Inforamtion zur Zahl der Verhafteten und ihrer Behandlung vor. Allerdings muss nach den letzten Ereignissen zu befürchtet werden, das es erneut zu Folterungen kommen könnte.

Bagger der Barrikaden räumt

 

Soldaten räumen den Tahrir

 

update 1:
Artikel / Erlebnisbericht von der Räumung am 12.April
"Zeig mir dein Telefon!"

 

Ein NDP Funktionär als neuer Generalsekretär der Arabischen Liga?

Ein weiteres Zeichen für die Kontinuität des Regimes in Ägypten ist die Nominierung des NDP Funktionärs Mostafa al-Fiqqi für den Posten des  Generalsekretär der Arabischen Liga. Seine diplomatische Vergangenheit und vor allem seine guten Beziehungen zu den Regimen anderer arabischer Länder machen ihn zu einem Erfolg versprechenden Kandidaten. Trotzdem zeigt seine Nominierung, wie unbeobachtet und unkritisierbar sich die derzeitige Übergangsregierung fühlt. Ein Ausschluss der alten Machtelite von öffentlichen Ämter liegt noch in weiter Ferne und kann nur durch eine starke Bewegung und massiven Druck von der Straße erreicht werden.

Montag, 11. April 2011

Maikel Nabil Sanad zu drei Jahren Haft verurteilt

Nachdem sein Prozess vor einem Militärgericht mehrmals vertagt wurde ist Maikel heute zu drei Jahren Haft wegen Beleidigung des Militär verurteilt worden. Prozessbeobachter bezeichnen die Verhandlung als Farce. Das Gericht führte die Verteidigung hinters Licht, was dazu führte, dass diese bei Verkündung des Urteils nicht mehr anwesend war.

Maikel hatte, wie schon berichtet, massive Kritik am Ägyptischen Militär geübt. Er stellte auf seinem Blog das offizielle Bild des Militärs als neutraler Akteur in Frage und dokumentierte detailliert Menschenrechtsverletzungen und Repression. Seine Verurteilung ist als Versuch zu werten kritischen Stimmen zum Schweigen zu bringen.

update 1:

"Maikel Nabil's three-year sentence may be the worst strike against free expression in Egypt since the Mubarak government jailed the first blogger for four years in 2007. The sentence is not only severe, but it was imposed by a military tribunal after an unfair trial."
Joe Stork, deputy Middle East director at Human Rights Watch

update 2:

Maikel konnte wie es aussieht eine Text aus dem Gefängnis schmuggeln:
Fleeing thoughts from the military prison

Samstag, 9. April 2011

Alles oder nichts

Mittlerweile sind wieder bis 5000 bis 6000 Menschen auf dem Tahrir, sie demonstrieren in erster Linie gegen die Repressionen der letzten Nacht, die Stimmung ist angespannt. Zumindest für die die gekommen war die Wut und Entschlossenheit die Angst besiegt.
Nach und nach werden mehr Details über die Ereignisse der Letzten Nacht bekannt. Drei der protestierenden Soldaten sollen regelrecht hingerichtet worden sein, andere die sich in einem Zelt aufhielten wurden zu Tode geprügelt. Auf dem Platz wurde spekuliert ob sich heute wohl trotzdem oder gerade deswegen wieder Soldaten den Protesten anschließen werden, was das Miliär aber vermutlich nicht zulassen wird. Eine Video-Botschaft aus besagtem Zelt der mittlerweile zum Teil toten Militärangehörigen ist seid einigen Stunden online.

 

 

Video von Al Masry Al Youm 8./9. April

Für unsere Freunde auf dem Platz geht es darum das bisher gewonnene zu verteidigen. Die Vorstellung das die bisherigen Kämpfe, um sonst gewesen, all die Toten umsonst gestroben sein sollen, treibt die Menschen weiter auf den Platz. Niemand weiß was die nächsten Stunden bringen werden...

update 1:
Das Militär hat dir Räumung des Platzes für 23:00 angekündigt.

update 2:
Bis jetzt (00:40) ist alles ruhig ... in der Zwischenzeit ein paar unscharfe Fotos - Dämmerung auf dem Tahrir

update 3:
Aktueller Beitrag im ZDF (auch als wmp) zu gestern und heute Teils recht oberflächlich, keine Erwähnung der Todesschüsse. 

update 4:
Noch zehn Minuten bis zur Ausgangssperre, auf dem Platz befinden sich noch immer mindestens 3000 Menschen. Wird das Militär den Platz wieder Räumen? In kleinen Gruppen wird angeregt über verschiedene mögliche Strategien diskutiert. Außenposten in den Seitenstraßen fungieren Frühwarnsystem. 
Eine Verteidigung des Platzes gegen eine Gewaltsame Räumung ist nicht geplant, an den Eingängen des Platzes wurden Ankömmlinge von Demonstranten auf Waffen durchsucht.
An anderen Ecken des Platzes ist die Stimmung eher kämpferisch.
Hier ein Video von 2:04. 

update 5:
Die Ausgangssperre ist fast zu ende (4:49) und der Platz wurde nicht geräumt!

 

Taz-Artikel zu den beiden Nächten:
Die haben scharf geschossen 

ND-Artikel
Tödliche Schüsse auf dem Kairoer Tahrir-Platz 

 

Freitag, 8. April 2011

Die Armee schießt auf die Protestierenden!

Bis zwei Uhr nachts schien es ein großer, friedlicher Protest zu sein. Tausende Protestierende hatten beschlossen, die Nacht auf dem Platz zu verbringen, die ersten schon ihre Zelte wieder mitgebracht. Auch als um 2 Uhr morgens die Ausgangssperre in Kraft trat, geschah zunächst nichts.
Dann um drei Uhr morgens: Die Armee rückt auf den Platz vor - und SCHIEẞT SCHARF!!! In der ganzen Innenstadt sind von Platz und in den Straßen Gewehrsalven zu hören. Auf Facebook erste Berichte von Toten, Verletzten und zahlreichen Festgenommenen, auch ein Video von der Attacke.

update:
Nachdem die Medien zunächst die Version des Miliärs übernommen hatten und berichtet mittlerweile auch Reuters über durch Schüsse getötete Demonstranten:
Two die from bullet wounds after Egypt protest-sources
Auch Al Masry Al Youm berichtet jetzt ausführlicher:
Army forcibly disperses Tahrir protest, Reuters reports 2 dead
Einen ausführlichen Erlebnisbericht hat das blog "The Arabist"
An account of the army crackdown on Tahrir
Al Jazeera Artikel mit Videos (englisch)
Egypt army to 'use force to clear protesters' 
Zeugenbericht der von vier Toten spricht
Defending freedom with blood

Die Massen sind zuück in Midan Tahrir

Der Knoten ist geplatzt, die Massen sind zurück. Die Menge ist zu groß um ihre Zahl zu bestimmen, mit Sicherheit mehrere Millionen. Über dem Platz kreisen Militärhubschrauber - viele fühlen sich an die 18 Tage der Revolution erinnert.

Wer mit welchen Forderungen da ist, ist schwer zu erkennen... gegen 15:00 ist es kaum noch möglich auf den Platz zu gelangen. Laut twitter Meldungen und den online-Ausgaben von Ahram und Al Masry Al Youm geht es vor allem um die schnelle Verurteilung Mubaraks und anderer wichtiger Figuren seines Regimes. Doch der Protest hat zahlreiche Facetten: Rücktrittforderungen gegen den Vorsitzenden des Militärrats Hussein Tantawi. Die Befreiung der politischen Gefangen, von vor und nach dem Fall Mubaraks. Solidarität mit den Aufständischen in Lybien. Solidarität mit der palästinensischen Bevölkerung. Rücktritt der unter Mubarak eingesetzten Dekane an den Universitäten.




Auf den Platz sind zum ersten mal angehörige des Militärs in Uniform zu sehen, die nicht nur mitdemostieren, sondern sich auch kritisch gegenüber der Militärführung äußern. Dies ist besonders bemerkenswert da nach entsprechenden Aufrufen im Internet eine solche Teilname explizit und unter Androhung von Strafe vom Militärrat verboten wurde.
Ein Faktor für die hohe Beteiligung an den Protesten war unter anderem die Mobilisierung seitens der Moslembrüder, die in der letzte Woche auffallend schwach vertreten waren.

Tazartikel von uns:
http://taz.de/1/politik/nahost/artikel/1/mit-schildkroeten-auf-den-tahrirplatz/

aktuelle updates gibt es hier:
http://twitter.com/rayitarocia

Weitere Quellen:
Ahram
Al Masry Al Youm
Al Jazeera - mit Videos

8. April

Wieder Aufruf zu einem Millionenmarsch. Er wird groß werden: Auch die Muslimbrüder haben dieses Mal aufgerufen, für die Umsetzung der Revolutionsforderungen auf den Tahrir-Platz zu kommen. Und die Jugendorganisationen treten dieses Mal gemeinsam auf: Vor einigen Tagen fand ein erstes großes Vernetzungstreffen statt, zu dem von über 100 Organisationen bis zu drei Delegierte kamen. Ein Rat soll dieses Mal den Aufruf und den Ablauf der Proteste koordinieren.



Halb acht Uhr morgens. Auf dem Tahrir haben sich schon einige hundert Menschen versammelt, einige sind über Nacht geblieben und gerade dabei, sich aus ihren Decken zu schälen. Wasser wird abgefüllt, Menschen schleppen Zeitungen und Transparente herbei. Eine erste kleine Demonstration formiert sich und zieht lärmend über den Platz, probeweise.

Dienstag, 5. April 2011

Die arabischen Armeen...




Ramy Essam, Student und Sänger, hat ein neues Lied komponiert bzw. ein bereits existierendes wieder aus der Versenkung gehoben, das sich über die Armeen in verschiedenen arabischen Ländern lustig macht - und deutlich zeigt, dass die Armee zumindest unter den aktiven Jugendlichen nach Folter und Verurteilungen von Protestierenden durch Militärgerichte ihren guten Ruf verloren hat.
Beim ersten Vortrag des Songs auf der Demonstration am Freitag herrschte erschrockene Stille. Inzwischen hat sich der eingängige Text schon verbreitet - und ist auch manches Mal in der Öffentlichkeit zu hören.

Das Video lohnt sich auch wenn es noch nicht übersetzt ist! Der Text des Refrains "Wahid, Ithnain, al-Gaysh al-arabi fayn" heißt "Eins, zwei, wo sind die arabischen Armeen", dann folgen die Strophen mit der syrischen, ägyptischen, libyschen Armee...

Update: Das Lied ist nicht ohne Folgen geblieben. Die Armee hat ein für Mittwoch geplantes Konzert mit Ramy Essam verboten. Nach Beschwerden wird es nun doch stattfinden - es darf aber nicht aufgenommen und wie eigentlich geplant, übertragen werden.

Montag, 4. April 2011

Prozess vertagt

Der Prozess gegen Maikel Nabil Sanad wegen eines kritischen Artikels über das Militär ist von Sonntag auf Montag vertagt worden. Aktuell liegt noch kein Ergebnis vor, es ist unklar, ob der Termin erneut verschoben wird.

Derweil hat die internationale Presse das Thema breit aufgegriffen. So machen nun verschiedene Menschenrechtsorganisationen auf den Fall aufmerksam, ein Vertreter von War Resisters International ist nach Kairo gekommen. In Deutschland sind unter anderem Artikel in der Süddeutschen Zeitung und der taz erschienen.

Mubarak in Deutschland

Schon länger gibt es Spekulationen, dass sich Mubarak nicht mehr in Ägypten aufhält, sondern im Ausland - in einer Privatklinik im Schwarzwald, wird gemunkelt.

Jetzt hat Al-Jazeera eine Meldung veröffentlicht, die das zu bestätigen scheint. Großes Thema unter Kairoer Taxifahrern.

Freitag, 1. April 2011

1. April

Auf dem Weg zum Tahrir-Platz aus allen Teilen Kairos, Quelle: yfrog/Twitter

Es ist die größte Demonstration seit Mubaraks Rücktritt: Zwischen 50.000 und 1 Million Menschen demonstrieren am 1. April am frühen Nachmittag auf und um den Tahrir-Platz. Ein großer Zug ist gerade noch auf dem Weg aus dem Stadtteil Nasr City, auf der Brücke über dem Nil... Auch aus Alexandria und Suez werden große Proteste gemeldet.

Viele sprechen vom Wiederaufleben, von der Rückkehr der Revolution und fordern, diese endlich umzusetzen.

Live-Video von 13.30 Uhr
http://bambuser.com/channel/Egyrev25/broadcast/1546127

Die Menschen rufen nach der Auflösung der Sicherheitspolizei, nach einer Verurteilung Mubaraks, sie protestieren gegen Folter - das Ägyptische Museum, so ein Sprecher, sei nun kein Kulturort mehr, sondern ein Symbol für Misshandlungen - , Militärgerichte und das neue Gesetz gegen Streiks und Proteste. Gegen 15 Uhr nach Angaben von Teilnehmern weder Polizei noch Militär zu sehen.

Ankunft: Auf dem Tahrir-Platz, ca. 14:30 Uhr, Quelle: yfrog/Twitter

Update: Bis zu Abend bleibt alles friedlich. Ramy Essam (s. Post Folter I) spielt vor den Protestierenden. Al-Jazeera sendet live - und setzt danach seltsame Schwerpunkte in der Berichterstattung. In einem Artikel über die Proteste erwähnt es die Kritik der Demonstrant_innen am Militär, seinem Einfluss und seinem brutalen Umgang mit den Demonstrant_innen nicht und nennt als einzige Forderung des Marsches, dass Mubarak und seine wichtigsten Minister vor Gericht kommen sollen.