Freitag, 11. März 2011

Ausgangssperre...

gilt offiziell von null Uhr bis sechs Uhr morgens. Offiziell. Tatsächlich kommt der Verkehr ab Mitternacht ziemlich zum Erliegen, auf den Straßen ist kaum noch ein
Auto zu sehen (und vor allem zu hören) - was in Kairo durchaus als erholsame Atempause gelten kann...

Männer, Frauen, in kleinen Gruppen oder allein sind allerdings auch während der Ausgangssperre noch auf den leere Straßen unterwegs, in den Stadtteilen die etwas weiter vom Zentrum entfernt sind, sitzen die Gemüseverkäufer auch spät nachts noch auf ihren Plastikstühlen auf der Straße, wärmen sich die Hände am kleinen Kohlefeuern und verscheuchen die streunenden Hunde, die zwischen zerbrochenen Steinen, Plastiktüten und Essensresten am Straßenrand herumstreunen. An manchen Straßenecken stehen verlassen die verkohlten Wracks von Polizeifahrzeugen, die die Protestierenden während des Aufstandes in Brand gesetzt haben.

In der Gegend rund um den Tahrir-Platz und um wichtige Gebäude (etwa den Sitz der allgemein verhassten Sicherheitspolizei) hat das Militär in der Nacht auf Freitag Straßensperren errichtet, hier werden alle Fußgänger gestoppt und kontrolliert. Ausländer haben nach Passkontrolle keine Probleme weiterzukommen, auch Ägypter die sie begleiten nicht. Die Militärs in ihren hellen Tarnuniformen sind meist sehr jung, viele wohl noch unter 18 Jahren alt, die meisten sind höflich bis freundlich, einzelne nutzen die nächtliche Herrschaft über eine Kreuzung jedoch durchaus, ihr Selbstbewusstsein aufzupolieren. Will man die Kontrollen umgehen, werden ganz kurze Wege durchs Zentrum (die meist über den zentralen Tahrir-Platz führen) auf einmal ziemlich lang...

Nicht nur das Militär erschwert nachts den Weg durch die Stadt: in einigen Seitenstraßen schleppen Anwohner kurz nach Mitternacht Steinbrocken auf die Fahrbahn um sie für Autos zu sperren - Überbleibsel der Selbstorganisierten Nachbarschaftsgruppen die die Viertel in den ersten Tagen der Proteste schützten. Das Regime hatte die Gefängnisse geöffnet, in der Hoffnung, dass Plünderungen und Chaos zu einer Diskreditierung der Proteste würden.




Punkt sechs Uhr morgens, die ersten Sonnenstrahlen fallen in die verlassenen Straßen, verschwinden die Kontrollposten und der Verkehr setzt wieder ein: Kolonnen von leeren Taxis, Bussen und Kleinbussen dröhnen in Richtung Tahrir-Platz.

Freunde erzählen uns, dass es diese Kontrollen im Zentrum erst seit der Räumung des Tahrir-Platzes am Mittwoch gibt.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen