Tote, Verletzte, brennende Kirchen - im Kairoer Vorort Imbaba, einem eher ärmlichen Stadtteil, herrschten am Sonntag zeitweise bürgerkriegsähnliche Zustände. Mehrere hundert bewaffnete Muslime - Salafiten, den meisten Berichten zufolge - stürmten eine koptische Kirche, in der angeblich eine Konvertitin festgehalten würde, zündeten diese und eine weitere Kirche an. Bei den folgenden Straßenschlachten starben letzten Angaben zufolge 12 Menschen, fast 300 wurden verletzt. Das Militär und die Polizei schritten schließlich ein und nahmen mindestens 190 Personen fest, es hat angekündigt, sie alle in Kürze vor Militärgerichte zu stellen.
Am Abend, einige Stunden später: Vor dem Gebäude des Staatsfernsehens am Nilufer in Maspero, einem beliebten Demonstrationsort, haben sich mehrere tausend Menschen versammelt, Kopten zumeist, aber auch Muslime und junge Menschen aus der Revolutionsbewegung. Die Straße entlang der Nilpromenade ist gesperrt, eine Barrikade aus Stacheldraht zieht sich quer über die Fahrbahn, freiwillige Ordner kontrollieren Ausweise und Taschen.
Was genau am Vormittag passiert ist, ob tatsächlich Salafiten die Unruhen ausgelöst und getragen haben, ob bezahlte Schläger beteiligt waren, die ehemaligen Staatspartei oder die aufgelöste Staatssicherheit und welche Rolle das Militär gespielt hat, darüber herrscht auch hier eine große Unklarheit.
Aus den Lautsprechern schallen laut Revolutionsslogans, die Menge klatscht und ruft mit - "Muslime und Christine, Hand in Hand" wird gerufen, ansonsten jedoch geht es vor allem gegen Polizei und Militär. "Tantawi muss weg!" ist einer der am häufigsten zu hörenden Slogans, gerichtet gegen General Tantawi, den Obersten des herrschenden Militärrates. Die Kopten werfen dem Militär vor, sie nicht zu schützen und die Spaltung zwischen Christen und Muslimen zu schüren und auszunutzen, zudem wurden am Nachmittag auch zahlreiche Kopten festgenommen, die friedlich demonstriert haben oder zur Hilfe geeilt sind, sie müssen nun mit mehreren Jahren Haft rechnen.
Die Stimmung ist angespannt. Zeitweise fliegen Steine, wo die Polizei sich nähert, mit Helmen und Schildern bewaffnet, und immer wieder einzelne herauszieht und verhaftet, wird es laut, die Menge stürmt hin, skandiert, versucht die Polizei zurückzudrängen. Später am Abend bringen Freiwillige stapelweise Decken, die Polizei hat sich zurückgezogen, die Protestierenden bereiten sich vor, die Nacht hier zu verbringen.
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